Die Scheinwerfer erhellten die Landstraße vor uns. Hime saß noch etwas unsicher hinter dem Steuer, schlug sich aber wacker für ihr erstes Mal. "Wenn du nicht mit Makoto reden kannst, dann hast du ja noch mich" Etwas irritiert schaute ich sie an. Hatte sie das gerade ernst gemeint? Wie konnte sie nur ansatzweise denken ich kann mit ihr reden, wie mit ihm? Meine Gedanken rauschen zurück, vor knapp einen Jahr. In der Dunkelheit der Nacht. Bitterkalt doch trotzdem stehen wir draußen. Ihr laufen Tränen die Wangen runter und mit ihren trotzigen Blick durchbohrt sie mich. Sie ist vollkommen davon überzeugt, das sie alles richtig gemacht hat. Ich sehe, wie ich sie an schrei, "Du bist egoistisch, dein ganzes Leben dreht sich nur um dich. Wie du dich fühlt, was du denkt, was dich verletzt." Ich sehe auf sie herab und verachte diesen trotzigen Blick, "Was weißt du eigentlich von mir? Wie viel hast du die letzten Jahre von meinen Leben mitbekommen?…." Die Stille drückt, ist viel zu leise. "Ich vertrau dir nicht mehr - will nicht mehr" In dieser kalten Novembernacht verlor ich meine Schwester und jetzt bietet sie mir an mich ihr anzuvertrauen. Als wäre nicht passiert. Und die Frage bleibt bestehen "Was weißt du von mir Hime?" Wo warst du als ich nächtelang geweint habe. Nicht schlafen konnte, Ewigkeiten wach lag und tagsüber kaum wach bleiben konnte. Monatelang hungerte und mein Gewicht rapide sank. Als Mama im Krankenhaus lag, hast du mich unterstützt oder nur im Selbstmitleid gebadet? Wo warst du als ich mir das erste Mal den Finger in den Hals gesteckt habe. Nach Luft schnappend vor dem Klo saß. Und Tränen, Rotz und Kotze an mir kleben hatte. Hast du es überhaupt gemerkt, dass etwas sich in mir verändert hat. Warst du da? Hast du mich in der Zeit nur einmal richtig angeschaut. Mir in die Augen geschaut und gesehen, dass ich schreie - vielleicht nach Hilfe, vielleicht auch nur nach Aufmerksamkeit oder Erlösung. Die Antwort ist Nein, Schwesterherz. Du warst zu sehr mit dir selbst beschäftigt, so wie immer. Und selbst heute, wo du wieder mit mir reden willst, würdest du es merken? Wenn ich jetzt wieder anfange zu fressen, kotzen und leiden. Aufwachen und der erste Gedanken ist, Ich bin fett. Heulattacken nächtelang, tagsüber depressive Stimmung. Könntest du mich in den Arm nehmen und kämpfen oder wärst du in Gedanken wieder nur bei dir. Wie schlecht meine Worte und mein Leiden für dich sind? Am liebsten würde ich dir das alles an den Kopf werfen, doch meine Lippen sind schwer wie Beton. Ich sage nichts, denn jedes Wort wäre zu laut. Nur unser Atem ertönt im Auto und keiner hört auf mit der Stille.
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